SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

Elektrische Traktion auf der Schwarzwaldbahn (Teil 4)

Teil 1: 139 wird Schwarzwaldbahnlok | Teil 2: Die "Trabis" kommen! | Teil 3: BR 111 und der Interregio
Teil 4: Späte Blüte der 110 | Teil 5: Regionalzüge der letzten Einsatzjahre (1) | Teil 6: Regionalzüge (2)
Teil 7: Drehstrom auf dem Vormarsch | Teil 8: Die neue Schwarzwaldbahn-Lok 146.2 | Teil 9: Ahnen
Zusammenfassung des Einsatzes der Baureihe 110 auf der Schwarzwaldbahn von 1978 bis 2006

Baureihe 110 - langsam geht es bergauf

Der unglückliche Einstieg der Baureihe 110 auf der Schwarzwaldbahn ist in Teil 1 dargelegt worden. In den siebziger Jahren hatte diese Baureihe aber bereits eine Geschichte als bedeutende Lok im Fernverkehrs hinter sich. Die klassischen Dienste für die 110 vor D- und F- Zügen gibt es 1975 (Fertigstellung der Elektrifizierung des ersten Abschnitts der Schwarz- waldbahn) nur noch eingeschränkt. Das neue Paradepferd 103 hat kräftig in ihrem Revier gewildert. Geblieben sind die überwiegend touristisch orientierten Leistungen vor D-Zügen und später FD (Fernexpress), die auch abseits des 1971 gesponnenen IC-Netzes verkehren. Großer Kundenvorteil dieser Züge ist die Möglichkeit, umsteigefrei an die Ferienorte zu ge- langen. Dazu führen viele dieser Angebote bis zum Ende der achtziger Jahre Kurswagen. 110 164-1 mit SE nach Offenburg Auf der Stammstrecke sind die Züge ziemlich schwer (Beispiel: FD Bodensee 702/703 mit 15 Wagen), was aber kein Hindernis für den Einsatz der 110 darstellt - solange keine Steigungsstrecke zu bewältigen ist.
 

110 164-1 führt am 4. April 2001 den Stadt- express von Merzig nach Offenburg. Sonder- lich gut gepflegt sieht die "Kasten"-110 mit ihren 43 Dienstjahren nicht mehr aus. Der große Ärger, den es zwei Monate später an dieser Stelle im Karlsruher Hbf geben wird (der Zug aus Saarbrücken kommt in der Minute 10 an, der IRE nach Konstanz fährt in der Minute 9 ab!) stört sie dann auch nicht mehr, denn ab 1. Juli wartet sie z-gestellt auf die Verschrottung (25.09.01).

 
Die Darstellung der maximalen Anfahr- grenzlasten der BR 110 auf den einzelnen Abschnitten der Schwarzwaldbahn (siehe Teil 1) zeigt, wie sich die Lok von anfänglich (1975) zulässigen 250 t Anhängelast auf 350 t (1981) und schließlich sogar 380 t ab 1983 "hoch gearbeitet" hat. Diese Angaben beziehen sich natürlich nur auf den Schwarzwaldaufstieg zwischen Hausach und Sommerau. In der Zulaufstrecke bis Hausach liegt die Anfahrgrenzlast immerhin bei 1.600 t! Ab 1983 wird die 110 vor allen Zügen des Fernverkehrs auf der Schwarzwaldbahn eingesetzt, wobei sie nur beim schweren FD 703 Nachschub durch eine 139 benötigt. Das Ziel diese Züge, ohne zeitintensiven Traktionswechsel in Offenburg, zu beschleunigen ist endlich uneingeschränkt erreicht. 112 vor TEE Roland auf der Rheintalbahn Daneben erbringt die 110, die einge- setzten Maschinen gehören über- wiegend zu den BW Stuttgart und Dortmund, auch noch Füllleistun- gen vor Eilzügen. Insgesamt werden dadurch drei Lok der Baureihe 139 frei gesetzt.

Nur die schnelle Version (und wenn es auch nur 10 km/h sind) der 110, die im TEE-Farbkleid lackierte 112, ist das Aushängeschild der Flotte, hier unterwegs im Mai 1968 mit TEE Roland auf der Rheintalbahn nach Basel.

 

Es ist zwar nicht das Thema dieses Beitrags, trotzdem sollen einige bekannte Fernzüge ver- gangener Jahrzehnte mit Laufweg über die Schwarzwaldbahn kurz (und unvollständig) erwähnt werden. Der Zug von København über Hamburg nach Konstanz konnte immerhin auf wesentlichen Teilen seines Laufwegs bis heute erhalten bleiben. Aus D 371 wurde zwischendurch D 771 / FD 1971, allerdings nur zwischen Hamburg und Konstanz und ohne Kurswagen aus København; als Interregio wurden sogar mehrere Verbindungen täglich angeboten; schließlich fährt der IC 2371 als Nachfolger von (Stralsund -) Hamburg nach Konstanz. Auch die Relation Rhein/Ruhr - Konstanz wird seit Jahrzehnten über die Schwarzwaldbahn bedient. Aus den D-Zügen mit unterschiedlichen Zugnummern (z.B. D 509) wird in den achtziger Jahren der Bodensee-Fernexpress FD 703 / FD 1903, dessen Laufweg bereits in Münster (Westf) beginnt; er führt zeitweise auch Kurswagen nach Lindau. Von der täglichen Bedienung ist nur noch ein Wochenend-IC übrig geblieben. Der Laufweg ist dafür bis Emden und Norddeich Mole ausgeweitet worden. Abgesehen vom Wagen der 1. Klasse fahren diese IC 2004/2005 mit umlackierten IR-Wagen, die allerdings kaum noch gepflegt werden. Unbedingt genannt werden muss ein weiterer Fernzug mit langer Tradition: Innsbruck - Lindau - Singen - Offenburg - Strasbourg - Paris. Dieser wunderschöne Zuglauf verkehrt in den letzten Jahren der Deutschen Bundesbahn nur noch als Eilzug zwischen Lindau und Strasbourg, der immerhin einen ÖBB-Kurswagen aus Graz bis Strasbourg und außerdem einen SNCF-Wagen von Lindau nach Paris führt (für einen Eilzug nicht schlecht ...). Ein weiterer Eilzug hat in den achtziger Jahren die Ehre, den Schlafwagen Konstanz - Dortmund bis Offenburg zu führen. Lokgeschichte: Deutsche Bundesbahn unter Deutscher Bahn AG Dort ist dann für einschlafwillige Reisende eine ruhige Standzeit von über einer Stunde vorgesehen, bis der Nachtzug von Basel nach Dortmund den roten DSG-Wagen zugstellt bekommt.

Lokgeschichte, fotografiert am 3. September 2002 in Offenburg. Auf dem 2. Farbschema der Lok (ozeanblau-beige) erscheint das vom DB AG- Keks (auch Hungerkeks genannt) überklebten DB der Deutschen Bundesbahn. Inzwischen wurde diese Form der Geschichtsschreibung unter einheitlichem Nahverkehrsrot versteckt. Und die neue Farbe kann es zwar nicht mit dem Königsblau aufnehmen, ist aber doch besser als die Experimente dazwischen.

Der kurze Rückblick dokumentiert, im Vergleich zum heutigen Angebot, den Wandel von der Vielfalt zur Einfalt. Im Nahverkehr steht dem Bahnkunden ein hervorragendes, betrieblich optimiertes und sinnvoll an den Knoten verknüpftes (aber "langweiliges") Taktangebot zur Verfügung. Der Fernverkehr vernachlässigt hingegen eine Kundengruppe, die zahlenmäßig in Zukunft weiter ansteigen wird: Menschen, die günstig und ohne die Unsicherheiten beim Umsteigen verreisen möchten, denen es dabei aber nicht auf die Minute ankommt. Kostenintensive Beschleunigungen auf Aus- und Neubaustrecken verpuffen, da die Anschlüsse in den Netzknoten verfehlt werden. - Aber zurück zur BR 110. Sie wird gegen Ende ihrer Lebensdauer noch einmal tragende und zuverlässige Säule im vertakteten Nahverkehr auf einer Relation, die mit 252 km zwischen Karlsruhe und Konstanz schon an den Bereich der mittleren Reiseweite im IC-Fernverkehr heran reicht. Natürlich gibt es auf dieser Strecke Brechpunkte mit erheblichem Fahrgastwechsel, wie Offenburg, aber es fährt auch eine nicht geringe Anzahl von Reisenden über weite Distanzen mit - die ehemaligen IR-Kunden.

Die Bügelfalten 1104 als Standardlok an Wendezügen

Von Juni 2001 bis Dezember 2004 ist die Baureihe 110, neben besagter 143er,  d i e  Standard-Lok des dominierenden Regionalverkehrs auf der Schwarzwaldbahn. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt wurde, bekommt das DB Regio Werk Freiburg am 15. Dezember 2002 immerhin 21 Loks der Baureihe 110 vom Werk Saarbrücken. Alle verfügen über CIR-ELKE (siehe Archiv Streckenmeldungen KBS 703 aus dem Jahr 2001), das auf der Referenzstrecke Offenburg - Basel installiert ist. In der folgenden Aufstellung (Stand 01.02.2007) bedeutet G - wendezugfähig ("geschobener Zug", siehe auch Text weiter unten). Lok 110 169-0 weist mehrere Besonderheiten auf. Sie ist die einzige Kasten-110 in Freiburg und sie hat zwei unterschiedliche Frontseiten.

110 169-0   06.12.04 an DB System-Technik Minden
110 350-6   z-gestellt am 14.12.04
110 352-2   12.12.04 an Werk München Hbf
110 369-6   z-gestellt am 13.12.04
110 383-7   z-gestellt am 13.12.04
110 384-5   z-gestellt am 09.09.05
110 448-8 G 12.12.04 an Werk Dortmund Hbf
110 450-4 G 21.12.06 nach Stuttgart
110 454-6 G 10.12.06 nach Stuttgart
110 458-7 G 10.12.06 nach Stuttgart
110 459-5 G 12.12.04 an Werk Dortmund Hbf
110 460-3 G 10.12.06 nach Stuttgart
110 462-9 G 10.12.06 nach Braunschweig
110 463-7 G 10.12.06 nach Dortmund
110 466-0 G 13.12.06 nach Braunschweig
110 467-8 G 12.12.04 an Werk Dortmund Hbf
110 468-6 G 10.12.06 nach Braunschweig
110 470-2 G 10.12.06 nach Dortmund
110 471-0 G 15.01.07 als letzte bad. 110 nach Stuttgart
110 481-8 G z-gestellt 04.05.06, a seit 13.05., jetzt EDO
110 506-3 G 10.12.06 nach Braunschweig

siehe auch: Baureihe 110 im DB-Regio Werk Freiburg von 2002 bis 2006

110 169-0 DB System-Technik

Die beiden unterschiedlichen "Gesichter der 110 169-0. Unter dem Kupplungshaken sind die Blechgehäuse der CIR-ELKE Antenne zu erkennen.

Die Tabelle weist auch aus, dass im Dezember 2004 fünf Loks abgegeben werden. Vier weitere Loks der Bauserie 3, alle nicht wendezugfähig, werden abgestellt (und teilweise als "Ersatzteillager" verkauft). Ab September 2005 sind daher noch 12 Loks der Baureihe 110.4 (einschl. 110 506-3) im Bestand.

Als die SBB Deutschland GmbH 15.06.2003 den Betrieb auf der Wiesental- und Gartenbahn von DB Regio mit eigenen Fahrzeugen übernimmt, können die nun beschäftigungslosen Steuerwagen für den Einsatz auf der Schwarzwaldbahn übernommen werden. Damit sieht man seit dem "kleinen" Fahrplanwechsel, abgesehen von wenige Ausnahmen (wie zum Beispiel vor dem "Singener" Zug am Abend und am frühen Morgen) nur noch die wendezugfähigen 1104 auf der Schwarzwaldbahn.

Wendezug auf der Schwarzwaldbahn mit LOk BR 110

110 466 im Tiefschnee auf der Schwarzwaldbahn

Am 2. März 2006 hat 110 466 (jetzt in verkehrs- rot, vgl. Bild in Teil 3 unten) auch einen Steuerwagen am Zug, allerdings ist sie, wegen des starken Schneefalls in den Hoch- lagen des Schwarzwalds, in Konstanz um den Zug herum und vor den (zu leichten) Steuerwagen gesetzt worden - siehe Zugbildung unten. Wenige Tage vor dem 40. Jahrestag ihrer Abnahmeunter- suchung am 28.03.1967 (anschl. BW Hamburg- Eidelstedt) bringt sie ihren IRE 4710 sicher nach Karlsruhe.

Wendezug auf der Schwarzwaldbahn mit Lok BR 110
Lok 110 466 vor Steuerwagen Bnrdzf 483.1, Bn, Bn, ABn, Bn

Die BR 110 verfügte anfangs nicht über eine Wendezugsteuerung, sie war aber konstruktiv für ihren Einbau vorbereitet. Bei einer D-Zug-Lok erschien das allerdings in den 50er- und 60er Jahren wenig sinnvoll. Dagegen war ihre kleine Schwester, die BR 141, bereits bei der Auslieferung wendezugtauglich ausgestattet. Mit der Abstellung einer größerer Zahl von Loks der BR 141 konnten deren Wendezugsteuereinheiten in Loks der BR 110 eingebaut werden. Weit über 100 Loks der Bauserien 3 und 4 wurden ab 1997 wendezugfähig ausgerüstet. Darunter alle in der Liste oben mit G markierten Freiburger Loks.

146 109 auf Präsentationsfahrt mit Dostos auf der Schwarzwaldbahn

Kaum ausgeliefert unternimmt 146 109 am 22.10.2004 eine Präsentationsfahrt mit Dostos auf der Schwarzwaldbahn. Zwei Jahre später werden die neuen Loks dieser Baureihe die Einheitsloks endgültig aus dem Schwarzwald verdrängen.

Auf den Einsatz der 110.4 an Wende- zügen wird im Zusammenhang mit der Darstellung des verwendeten Wagen- Materials auf den folgenden Seiten einge- gangen.
Die späte Blütezeit, in der die 110 das Bild im Nahverkehr über den "Wald" stark geprägt hat, währte in der Rückschau leider nicht lang. Hier soll daher kurz auf das Ende des Einsatzes auf der Schwarz- waldbahn eingegangen werden. Dieses wird schrittweise bereits im Herbst 2004 eingeleitet. Mit den ersten ausgelieferten Loks der Baureihe 146.1 (ab 146  109-4) werden die 111er vor den Wendezügen mit Doppelstockwagen auf der Rheintalbahn abgelöst. Diese wiederum ersetzen die durch- schnittlich zehn Jahre älteren 110er. Und so werden bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2004 bereits fünf Loks abgelöst und, wie oben dargestellt, an andere Werke abgegeben. Für den Betrieb auf der Schwarzwaldbahn werden etwa die Hälfte der Züge mit 111 bespannt - das Ende zeichnete sich vom 6. Juli 2006 an ab, denn da beginnt die Auslieferung der 146er der Bauserie 2 für die Schwarzwaldbahn an das Werk Freiburg. Sie wird in Teil 8 dieser Serie beschrieben.
In Teil 5 und 6 wird nun aber erst einmal gebührend Abschied genommen von der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn.

Lesen Sie weiter Elektrische Traktion auf der Schwarzwaldbahn (Teil 5)